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Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen

Wir berichten stets über die Entwicklungen in unseren Fachabteilungen. Auf den folgenden Seiten finden Sie ausgewählte Beiträge.
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Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen

Bei osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen hilft ein Score bei der Therapieentscheidung

Es wird angenommen, dass in Deutschland jede zweite Frau über 70 Jahre von Osteoporose betroffen ist, von denen die Hälfte innerhalb von weniger als sechs Jahren eine sogenannte Fragilitätsfraktur erleidet. Dabei ist bei mehr als 50 Prozent der Fälle die Wirbelsäule betroffen. Die Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am Diako setzt bei der Therapieentscheidung solcher Frakturen auf einen Score für die therapeutische Indikationsfindung, der von der Arbeitsgruppe osteoporotischer Frakturen entwickelt wurde. Dr. Thomas Lein und Wadim Kisel erläutern, wie sie bei der Diagnostik und Therapie vorgehen.

Osteoporotische Wirbelkörperfrakturen treten am häufigsten im thorakolumbalen Übergangsbereich auf, da hier die biomechanische Belastung am stärksten ist. Typischerweise werden diese Frakturen durch ein Bagatelltrauma verursacht, häufig ist überhaupt kein Unfallmechanismus zu erkennen. Klinisch bleiben osteoporosebedingte Wirbelkörperfrakturen anfangs oft stumm. Schmerzen können sich erst im Verlauf entwickeln und zum Beispiel auch in die Bauchregion ausstrahlen. Radikuläre Schmerzen mit neurologischen Symptomen sind bei osteoporotischen Sinterungsfrakturen eher selten. Bei Verdacht auf eine Fraktur der Wirbelsäule sollte in jedem Fall eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden. Toleriert die betroffene Person schmerzbedingt eine Aufnahme im Stehen, ist diese zu bevorzugen, um bereits Rückschlüsse auf kyphotische Fehlstellungen im Frakturbereich sowie zu Fragen der Stabilität erhalten zu können.

Bei Verdacht auf eine osteoporotische Fraktur kann unmittelbar nachfolgend eine CT-Untersuchung nachgezogen werden, allerdings stellt in entsprechenden Fällen die Magnetresonanztomographie
(MRT) den Gold-Standard der weiterführenden Diagnostik dar. Die Wirbelkörperhinterkante und der Ausschluss einer Spinalkanalkompression lassen sich damit besser analysieren. Insbesondere mit Fettsignal-unterdrückten Sequenzen (STIR) können Knochenmarködeme und okkulte Frakturen
nachgewiesen werden. Auch das Frakturalter lässt sich hiermit verifizieren

Die Arbeitsgruppe osteoporotische Frakturen (OF) hat einen Score für die therapeutische Indikationsfindung entwickelt, welcher auch im Diakonissenkrankenhaus Anwendung findet.
Diesen gilt es im Verlauf der Behandlung immer wieder anzupassen und er eignet sich hervorragend für die klinische und radiologische Verlaufskontrolle. Der Score orientiert sich zusätzlich an der Frakturklassifikation der DGOU (OF1-5). Hinsichtlich der einzuschlagenden Behandlungsfrage werden
bei okkulten Frakturen oder Frakturen mit geringen Deformitäten des Wirbelkörpers zunächst konservative Therapieansätze favorisiert. Ziel ist hierbei, die Betroffenen frühzeitig zu mobilisieren. Das wird durch eine Schmerzmittelgabe nach WHO-Schema sowie physiotherapeutische Begleitbehandlung
zur Verbesserung der Sturzangst und Optimierung der Lokomotion realisiert. Stabilisierende Übungen für die autochthone Rückenmuskulatur fördern den Schmerz-Rückgang und die Mobilität. Im weiteren Verlauf sind engmaschige Röntgenkontrollen während der ersten sechs Wochen erforderlich, um einen Kollaps oder Fraktursinterung nicht zu übersehen.

Bei Frakturen OF3-5 wird mit einem OF-Score über 6 eine operative Versorgung und Stabilisation empfohlen und regelhaft auch im Diakonissenkrankenhaus durchgeführt. Durch die verfügbaren minimalinvasiven Techniken zeigt sich eine verringerte Zugangsmorbidität und eine rasche Mobilisierung der Patient*innen. Hier haben sich gedeckte Verfahren im Sinne einer Ballonkyphoplastie (Zementauffüllung einer osteoporotischen Wirbelkörperfraktur) oder perkutan eingebrachte
zementaugmentierte Schraubenstabsysteme bewährt. Die Entscheidung zur operativen Therapie sollte innerhalb der ersten sieben bis zehn Tage zeitnah erfolgen, zeigt sich doch bei Wirbelkörperfrakturen eine im Vergleich zu Schenkelhalsfrakturen deutlich erhöhte Ein-Jahres-Mortalitätsrate (72 Prozent versus 59 Prozent). Eine Aufrichtung gesinterter Wirbelkörper gelingt ebenfalls verlässlicher, je schneller operiert
wird. Zahlreiche randomisierte kontrollierte Studien zeigen signifikante Vorteile der minimalinvasiven Zementaugmentation gegenüber einer konservativen Therapie in Hinblick auf den wichtigen Erhalt des sagittalen Wirbelkörperprofils.

Bei Frakturen höherer Klassifizierung kommen im Diako oft perkutaneingebrachte zementaugmentierte Schraubenstabsysteme zum Einsatz. Die minimalinvasiven Techniken führen zu einer verringerten Zugangsmorbidität und einer raschen Mobilisierung. Bei Verletzungen mit ausgeprägter Beteiligung der Hinterkante bei osteoporotischen Frakturen ab OF-Typ 3 reicht die Kyphoplastie häufig allein nicht aus und sollte mit einer dorsalen Instrumentierung (Hybridstabilisierung) über ein additives Schraubensystem ergänzt werden. Durch Zementaugmentation erhöhen sich die Stabilität und Korrekturverlässlichkeit.
Oftmals kann dann auf eine ventrale Abstützung verzichtet werden. Bei Frakturen des thorakolumbalen Überganges sollte die Instrumentation langstreckig und das Einbringen der Pedikelschrauben zementaugmentiert erfolgen, wie es regelhaft auch im Diakonissenkrankenhaus angeboten und
durchgeführt wird.

Zusammenfassend haben sich die OF-Klassifikationssysteme für die therapeutische Indikationsstellung bewährt und werden im Rahmen des therapeutischen Assessments in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Diakonissenkrankenhauses evaluiert. Die Therapie-Entscheidung sollte mit den Betroffenen individuell abgesprochen bleiben. Dennoch geht die Empfehlung dahin, dass instabile Verletzungen mit Fehlstellungen der Wirbelsäule und Störungen der sagittalen Balance eine
Indikation für eine operative Therapie darstellen.