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Fallbesprechung seltene Lebererkrankungen

Eine besondere Kompetenz des Diakonissenkrankenhauses liegt in der Diagnostik von Lebererkrankungen. Neben einer großen Anzahl tumoröser Erkrankungen, die in enger Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologie und Chirurgie behandelt werden, gibt es auch eine Vielzahl an Parenchymerkrankungen, die häufig schwierig zu diagnostizieren sind.
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Fallbesprechung seltene Lebererkrankungen

Eine besondere Kompetenz des Diakonissenkrankenhauses liegt in der Diagnostik von Lebererkrankungen. Neben einer großen Anzahl tumoröser Erkrankungen, die in enger Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologie und Chirurgie behandelt werden, gibt es auch eine Vielzahl an Parenchymerkrankungen, die häufig schwierig zu diagnostizieren sind.

Oberarzt Dr. med. Matthias Ziesch, Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie.
Foto: Franziska Pilz

Diagnostische Verfahren

Erhöhte Leberwerte und unklare Leberbefunde in der bildgebenden Diagnostik stellen einen häufigen Konsultationsgrund für Patient*innen im Diakonissenkrankenhaus dar. Lebertumore lassen sich in vielen Fällen mit Hilfe der Kontrastmittelsonographie klären. Bei unklarer Leberwerterhöhung gelingt mittels einer differenzierten stufenweisen Labordiagnostik die Eingrenzung der Ursache. Während zur Feststellung eines bindegewebigen Leberumbaus (Fibrose) heute die nichtinvasive Steifigkeitsmessung (ARFI) zur Verfügung steht, bleibt für eine unklare Leberentzündung (Hepatitis) als letzte und invasive Methode die sonographisch gestützte Leberpunktion. Neben den Veränderungen im Rahmen einer nichtalkoholischen oder alkoholischen Fettlebererkrankung gibt es seltener infektiöse Ursachen oder Stoffwechselstörungen, wie zum Beispiel Eisenspeicher-Erkrankungen, als Grund für Leberveränderungen. Getreu dem Motto „häufige Krankheiten sind häufig und seltene Erkrankungen sind selten“, ist der klinische Alltag natürlich nicht von der ständigen Suche nach „Kolibris“ geprägt. Nichtsdestotrotz sollten seltene Erkrankungen immer in die differentialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.

Anhand zweier Fälle stellt Dr. med. Matthias Ziesch, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin, exemplarisch die Diagnostik seltener Erkrankungen dar.

Dr. med. Matthias Ziesch während einer Sonographie.

1. Fall: 78-jähriger Patient mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen und wiederholt erhöhten Leberwerten

Der 78-jährige Patient stellt sich mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen und wiederholter Erhöhung der Leberwerte vor. Innerhalb eines Jahres war es zu einem Gewichtsverlust von 9 kg gekommen. Die ambulante Diagnostik mittels CT und MRT der Leber konnte die Ursache der Symptomatik nicht klären. Laborchemisch ergaben sich Hinweise auf eine Erkrankung des Gallengangsystems. In der initialen Abdomensonographie fand sich um die Portalgefäße (Lebergefäße) und kleinen Gallenwege ein echoarmer (dunkler) Randsaum. Eine Galleabflußstörung ließ sich nicht objektivieren. Die Kontrastmittelsonographie zeigte in der arteriellen Phase eine vermehrte Kontrastierung des periportalen Saumes. In der Spätphase demarkierte sich der periportale Saum dann durch ein Auswaschphänomen.Sonographisch, klinisch und paraklinisch ergab sich damit der Verdacht auf eine schubförmig verlaufende, IgG4-assoziierte Cholangitis. Differentialdiagnostisch kann bei diesem sonographischen Bild ein entlang der Gallengänge wachsendes Cholangiokarzinom nicht ausgeschlossen werden, weshalb die Indikation zur Leberpunktion gegeben war. Diese zeigte Leberparenchym mit einem erhöhten Gehalt IgG4-produzierender Plasmazellen in den Portalfeldern, passend zu einer IgG4-assoziierten Autoimmun-Cholangitis.

"Differentialdiagnostisch kann bei diesen sonographischen Bildern ein entlang der Gallengänge wachsendes Cholangiokarzinom nicht ausgeschlossen werden, weshalb die Indikation zur Leberpunktion gegeben war."

Diagnose: IgG4-assoziierte autoimmune Cholangitis: Dabei handelt es sich um eine seltene autoimmune Systemerkrankung mit Manifestation an verschiedenen Organsystemen, in diesem Fall an den Gallenwegen. Aufgrund der sehr bunten Symptomatik ist die Diagnose der Erkrankung schwierig zu stellen und letztlich nur histologisch zu beweisen. Die Therapie besteht in einer längerfristigen Immunsuppression durch Prednisolon.

2. Fall: 72-jähriger Patient mit anfallartigem Nasenbluten über Monate hinweg

Der 72-jährige Patient beklagte seit 10/2019 starkes, anfallartiges Nasenbluten, eine verminderte Leistungsfähigkeit und einen Gewichtsverlust von 3 kg. Laborchemisch fiel eine leichte Blutarmut auf. Durch den HNO-Arzt waren die Nasenschleimhäute verödet worden. Im Rahmen einer ambulanten CT des Abdomens wurde der Verdacht auf eine grobknotige Leberzirrhose mit mehreren gut  differenzierten hepatozellulären Karzinomen (HCC) geäußert, weswegen die Vorstellung zur weiteren Tumordiagnostik erfolgte. Klinisch und laborchemisch ergab sich kein Hinweis auf eine fortgeschrittene Lebererkrankung. Die Abdomensonographie zeigte eine kaliberstarke A. hepatica bei etwas plumper Leber. Über die Leber verteilt stellten sich echoarme Rundherde bis zu einer Größe von 6 cm dar. Auffällig waren kräftige intrahepatische, teils korkenzieherartig verlaufende Leberarterien. In der folgenden Kontrastmittel-sonographie zeigte sich eine starke Hypervascularisation des gesamten Lebergewebes ohne spezifisches Kontrastierungsphänomen der fokalen Läsionen. Insbesondere kam es in der Spätphase zu keinem tumorsuspekten Auswaschphänomen. Zusammenfassend bot sich das Bild hepatischer vaskulärer Malformationen mit Ausbildung nodulärer Hyperplasien (Pseudoläsionen). Eine Indikation zur Leberpunktion ergab sich nicht, da sich kein Hinweis auf einen malignen Tumor fand. In Zusammenschau mit der klinischen Symptomatik wurde ein Morbus Osler diagnostiziert.

Bildgebende diagnostische Verfahren werden angewandt.
Bildgebende diagnostische Verfahren werden angewandt.
Bildgebende diagnostische Verfahren werden angewandt.
 

Diagnose: hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (M. Osler): Hierbei handelt es sich um eine vererbbare Erkrankung, die anhand der sogenannten Curaçao-Kriterien diagnostiziert wird. Diese beinhalten Heredität (familiäre Belastung), Epistaxis (Nasenbluten), Teleangiektasien (kleine kutane Gefäßknoten) und die viszerale Beteiligung. Wenn zwei der vier Kriterien erfüllt sind, in unserem Fall Nasenbluten und Leberbeteiligung, besteht der Verdacht auf einen M. Osler. Dabei stellt die Lebermanifestation die häufigste viszerale Manifestation dar. Eine Therapie erfolgt lediglich bei Symptomen.

Fazit

Bei der Diagnostik von Lebererkrankungen macht sich die Expertise in der sonographischen Beurteilung der Leber, verbunden mit weiteren nichtinvasiven und invasiven diagnostischen Tools bezahlt. Ein umfassendes klinisches Wissen, verbunden mit zielgenauer bildgebender oder pathologischer Diagnostik ermöglicht auch die Diagnose seltener Erkrankungen. In der Folge kann durch Anbindung an qualifizierte, niedergelassene Kolleg*innen eine adäquate Weiterbehandlung der Patient*innen gesichert werden.